Odyssee in Kolumbien

Im letzten Land unserer Reise lernen wir gleich zu Beginn ein Puzzleteil dieses Kontinents kennen, das uns noch fehlt (und auf das wir gern verzichtet hätten): politische Unruhe, Streik, Eskalation, Unsicherheit... Auf dem Weg von Pasto nach Cali im Süden des Landes bleiben wir in der Mitte der Strecke in Popayan hängen, dem Zentrum der indigenen Organisationen. Bereits seit Mitte März wird das Land bestreikt. Die Indigenen errichten Straßenblockaden und legen v.a. mit der Sperrung der Panamerikana eine wichtige Verkehrsader lahm. Zehntausende Personen versammeln sich in Protestcamps und blockieren mit Steinen und Erdwällen auch viele Nebenstraßen. Im Internet bekommen wir mit, dass sich immer mehr Departements dem Streik anschließen. Man möchte sich gern mit ihnen solidarisieren, denn ihre Ziele sind mehr als legitim: Evaluierung der mehr als 1300 nicht eingelösten Zusagen der diversen Regierungen an die Indigenen, Aufnahme der ethnischen Gruppen in den Nationalen Entwicklungsplan, Anerkennung von Bauern als Rechtssubjekt, Schutz der Aktivisten vor Mord und Bedrohung, Respekt vor der territorialen Souveränität, Garantie auf Mitsprache über regionale Entwicklungspläne und Verteidigung des Friedens. Was uns als selbstverständlich erscheint.... Das Streikkomitee wirft Präsident Duque vor, die Streikenden zu kriminalisieren und fordert Gespräche mit ihm sowie den Rückzug des überall sichtbaren Militärs. 

Für uns sowie für Unmengen von LKW-Fahrern ist der Weg in Popayan, 350 km von der Grenze entfernt, zu Ende. Wir werden von der Polizei angewiesen, an einem großen Parkplatz zu übernachten, wo sich bereits Hunderte (!) LKWs an der Straße aufreihen. Alle warten darauf, dass ein Konvoi, angeführt vom Militär, über eine Nebenstrecke freigegeben wird. Wir stehen deshalb zusammen mit einem deutschen und zwei brasilianischen Wohnmobilen um 5 Uhr morgens wie von der Polizei gefordert parat, um uns dem Konvoi anschließen zu können. Absage. Am nächsten Morgen das gleiche Spiel: Alle warten darauf, dass es losgeht, aber es hat nachts viel geregnet, und so hat sich die Nebenstrecke in eine Schlammpiste verwandelt, die durch das Befahren von 500 LKWs (diese Zahl stammt von der Polizei) und vier Wohnmobilen nicht besser wird. Plan B: Wir starten mit den anderen WoMos einen Vorstoß über eine kleine Straße Richtung Osten. Schon nach 10 Kilometern geraten wir in eine Demonstration von Indigenen. Im Schritttempo fahren wir hinter ihnen her, bis sie uns nach 15 Min. vorbeiwinken. Aber nach ca. 30 Kilometern ist dann wieder Schluss. Wir stehen vor einem Wall aus Steinen, Erde und Holz, nur eine kleine Fahrspur ist freigelassen. Die Leute dort sind - wie wir aus ihren Gesichtern lesen können - nicht gnädig gestimmt. Einige sind mit Steinschleudern und Macheten bewaffnet. Die anderen Deutschen, die uns begleiten, versuchen mit guten Spanischkenntnissen und ihrem fünfjährigen blonden Buben für uns die Durchfahrt zu erreichen. Keine Chance. Also umkehren und Plan C: Es gibt noch eine Straße, die uns über einen größeren Umweg nach Norden führen würde. Das "Trampolin des Todes" - 120 km Schotter, Waschbrett, eng und steil mit unbefestigtem Rand und tiefem Abgrund - schauerlich! Nachdem wir aber erfahren, dass auch dort mit Blockaden zu rechnen ist, kehren wir (erleichtert!) um und fahren nach Ecuador zurück. Irgendwann würde uns auch der Diesel ausgehen, obwohl wir mit vollem Tank und zwei Reservekanistern gestartet sind. Fast alle Tankstellen sind nämlich gesperrt. Einige wenige haben noch Sprit und die Auto- und Mopedfahrer stehen geduldig in kilometerlangen Schlangen an. Es ist uns also in einer Woche nicht gelungen, die Richtung nach Cartagena/Nordkolumbien einzuschlagen, wo am 10. Mai unser Auto verschifft werden soll. Noch haben wir Zeit und einige Optionen: in Ecuador abwarten bis sich die Lage entspannt und später weiterreisen oder das Auto parken und von Quito aus heimfliegen oder von Ecuador aus verschiffen..... 

 

Fotos gibt es diesmal nur wenige. Wir haben es nicht gewagt, die bis zu den Ohren bewaffneten Militärs, die Indigenen mit ihren Macheten oder die Straßenblockaden zu fotografieren.

Eine interessante, aber eher kitschige Kirche liegt gleich nach der Grenze auf unserem Weg und die Landschaft in Südkolumbien ist wieder mal wunderschön.