Highlights im Süden

Unbestritten das bisherige Highlight unserer Reise: der Perito Moreno Gletscher. Von El Calafate aus fährt man noch 70 km, bezahlt 16 Euro pro Person Eintritt in den Los Glaciares Nationalpark und wird dann mit einem Shuttle-Bus gefahren, bis man ihn endlich sieht. Hinter einer Biegung erscheint er, der Perito Moreno, ein gigantisches, strahlendes Eisfeld, das sich über 30 km aus den Anden ins Tal in den türkisblauen Lago Argentino ergießt, bis zu 70 m hoch und 5 km breit. Immer wieder hört man ihn donnern und knallen. Doch wenn man den Kopf in die Richtung dreht, aus der das Geräusch kommt, ist es meist schon zu spät, die Eisbrocken sind schon in den See gestürzt. Der starke Wind verhindert, dass der Schall rechtzeitig ankommt. Der Anblick des kalbenden Gletschers berührt uns mehr wie z.B. die Wasserfälle von Iguazu. Man wird still, horcht, wartet auf das nächste Grollen und freut sich, wenn man beobachten kann, wie ein Eisturm ins Wasser sinkt und Wellen schlägt. Der Gletscher bewegt sich zwei Meter pro Tag. Er gehört zu den wenigen Gletschern, die trotz des Klimawandels nicht an Masse verlieren. Seit 400 Jahren ist er stabil, weil die Schneeansammlung in den Anden so stark ist, 30 m Schneefall pro Jahr, dass sie die Verluste unten ausgleicht. Fünf Stunden lang lassen wir dieses Naturschauspiel auf uns wirken.

Fitz Roy - ein bizarres Bergmassiv ebenfalls im Nationalpark Los Glaciares. Laut Wikipedia: In der Sprache der Ureinwohner heißt er wegen der oft an der Spitze sichtbaren Wolken "Chaltèn", was "der Rauchende" bedeutet. Der Name stammt vom Kapitän des Forschungsschiffs HMS Beagle, mit dem Charles Darwin um die Welt reiste.

Was ist anders als in unserer Bergwelt? Man fährt Hunderte von Kilometern in einer flachen Ebene an und plötzlich türmen sich die Anden auf. Wir sind auf Wanderwegen um den Fitz Roy  auf der Höhe von Schneckenbach gewandert und trotzdem fühlt man sich wie im Hochgebirge. Es ist frisch, nachts 0 Grad, und das im Sommer. Wir haben aber großes Glück mit dem Wetter. Der übliche Wind ist kaum zu spüren und der Fitz Roy steht in seiner ganzen Pracht unverhüllt vor uns. Viele Reisende berichten nämlich in ihren Blogs, dass sie umsonst mit dem Fotoapparat gewartet haben, die Wolken geben ihn scheinbar selten frei. 

Ungewöhnlich ist auch die Vegetation. Der Boden ist sandig, aber trotzdem wachsen keine Kiefern sondern eine Art von bizarren "Mini-Hainbuchen", die auch der Förster noch nie gesehen hat. Es gibt kein Moos in den Wäldern, nur viele Flechten an den Bäumen. Das bunte Dorf El Chaltèn ist ein reiner Backpacker-Ort mit Kneipen, Hostels und Wäschereien und vielen jungen Leuten. Bisher waren wir auf Stellplätzen eher von älteren Semestern mit komfortablen Wohnmobilen umgeben. Zwei Tage lang nehmen wir auch zwei nette trampende Jungs mit an Board: Paul aus Wien und Juan aus Cordoba.

Unser nächstes Ziel - Torres del Paine - liegt in Chile. Deshalb an dieser Stelle ein kurzes Fazit für die Wohnmobilisten unter euch zu Argentinien.

Das Land ist leicht zu bereisen. Wie schon öfter erwähnt, sind die Menschen sehr aufgeschlossen und als deutsche Touristen werden wir freundlich aufgenommen. Jeder hilft sofort weiter und gibt gern Auskunft. Wir sind bisher 5400 km gefahren (ca. 200 km davon Schotterpiste). Die Straßen sind oft in gutem Zustand, z.T. eben mit Schlaglöchern, die man aber umschiffen kann. Innerhalb jeder Ortschaft, ob groß, ob klein, kann man eigentlich nur Schritttempo fahren, weil an jeder Kreuzung (und alle Orte sind schachbrettartig angelegt) ein "schlafender Polizist" liegt. Das sind riesen Boller zum Drosseln des Tempos. Deshalb kriechen hier alle Autos langsam durch die Städte. 

Die Versorgung mit Lebensmitteln klappt genauso gut wie bei uns. In größeren Städten gibt es Ketten wie z.B. Carrefour oder Walmart, wo man alles kaufen kann, von Specht-Essiggürkchen bis zur Schwartau-Extra-Marmelade. Das Sortiment ist mit unserem vergleichbar - von den meterlangen Mate-Tee-Regalen abgesehen. Je kleiner die Stadt, desto kleiner natürlich das Angebot. Jedoch haben wir selbst in Dörfern Äpfel, Bananen, Kartoffeln, Gurken und Tomaten gekriegt. Bier in Literflaschen und Schokolade gibts überall, sodass wir bisher noch nichts abgenommen haben ;-)

Die Campingplätze sind nicht so der Hit. Entweder sind sie eh noch geschlossen oder sie erreichen bei weitem nicht den europäischen Standard. Das macht aber nichts, weil wir autark sind und mit Hilfe von iOverlander immer gute Stellplätze gefunden haben: am Strand, an Flüssen, in Parks, in ruhigen Nebenstraßen, an Tankstellen (wo die Versorgung mit Wifi am besten ist und man auch immer Trinkwasser nachfüllen darf). Es juckt hier niemanden, wenn man wild campt und wir haben uns nirgends unsicher gefühlt. Hin und wieder steht man neben anderen WoMos und man trifft auch immer wieder dieselben Leute. Es sind hauptsächlich Deutsche, Schweizer und Franzosen (mit ihren Kindern, die sie selber unterrichten dürfen) unterwegs. Man bewegt sich also oft in der "Touristenblase" und ich kann meine dürftigen Spanischkenntnisse (leider) nicht verbessern.

Essen gehen hat uns bisher nicht vom Hocker gehauen (was auch andere Touris bestätigt haben). Entweder haben wir einfach nicht die richtigen Lokale gefunden oder die argentinische Küche (zumindest hier im Süden) besteht halt nur aus Fleisch, Fleisch und Fleisch mit Pommes und Tomaten-Zwiebel-Endivien-Salat. Nachsalzen muss man immer. Pizzen sind sehr gut und in El Calafate haben wir richtig gutes patagonisches Lamm gegessen. Dort gibts übrigens einen Bäcker aus Nürnberg, der Brezen und Schwarzbrot verkauft.

Die Inflation ist sehr hoch. Der argentinische Peso hat, seit wir hier sind, um fast 10 % verloren. Momentaner Kurs: 1 € = 2,28 AP.  Die Riesenportion Lamm mit großen Beilagen und Bier hat für 2 Personen ca. 25 € gekostet. 

Diesel: 1 Liter = 90 Cent für den "besseren" Eurodiesel. 

Wir bekommen so viele Tipps von Globetrottern, die teilweise schon jahrelang hier unterwegs sind, z.B. ob die Straßen für unser Nicht-Allrad-Fahrzeug geeignet sind , Sehenswertes, Stellplätze, Fährenrouten, Lokale..., sodass wir unsere Reise mittlerweile fast nur noch danach ausrichten.